Resolution zur Kreistagssitzung am 22.06.2020

Resolution zur Endlagerung atomarer Abfälle in Gebieten mit direkter Nähe zum Landkreis Vulkaneifel !

„Beteiligung, transparentes Verfahren und höchste Sicherheitsvorkehrungen bei der Standortwahl für ein geplantes belgisches Atommülllager und die Abschaltung sämtlicher Atomkraftwerke“.

Alle Bürgerinnen und Bürger, Gebietskörperschaften und Institutionen, sowohl in Belgien als auch in den betroffenen Grenzregionen in Luxemburg, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz, müssen sich an der Standortauswahl für das geplante belgische Atommülllager beteiligen können. So eine Entscheidung, die noch tausende an Generationen nach uns betrifft, darf nicht im Hinterzimmer stattfinden. Der Landkreis Vulkaneifel teilt nicht die Auffassung der belgischen Seite, dass es zum gegenwärtigen Zeitpunkt unmöglich wäre, die grenzüberschreitenden Auswirkungen des Vorhabens zu bewerten. So werden im belgischen Umweltbericht geologische Formationen und damit potenzielle Standorte für das Atommülllager genannt, von denen sich einige in der Nähe zum Landkreis Vulkaneifel befinden. Der Landkreis Vulkaneifel geht von erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt sowohl auf belgischer, als auch deutscher Seite aus, sollte das Atommülllager dort gebaut werden.

Bislang konnten sich die Bürger*innen nur bis zum 13. Juni 2020 an der Konsultation beteiligen. Die nationale Einrichtung für radioaktive Abfälle und Spaltmaterialien (NERAS) der belgischen Föderalregierung hat vom 15. April bis einschließlich 13. Juni 2020, d. h. mitten in der Lockdown-Phase, in der sich die Aufmerksamkeit der öffentlichen Meinung zu Recht auf das Management der Covid-19-Pandemie und ihre gesundheitlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen konzentriert, eine öffentliche Konsultation zu diesem Projekt (mit dem Titel „Endbestimmung für hochaktive und/oder langlebige Abfälle in Belgien“) durchgeführt, auf die die Bürger nur online antworten konnten. Ohne eine Verlängerung des Beteiligungsverfahrens werden vor allem Menschen aus Risikogruppen daran gehindert, sich zu informieren und ihren Protest zu äußern. Atomkraft ist eine hochriskante, tödliche Technologie. Das zeigen immer wieder Störfälle und nicht zuletzt 2011 die Katastrophe in Fukushima unter der immer noch Mensch und Umwelt leiden. Sie ist zudem unnötig teuer und stellt die Menschen noch in tausenden von Jahren vor Probleme, wie der Atommüll so sicher wie möglich gelagert werden kann. Eine Garantie für die Sicherheit wird es niemals geben.Es ist daher unverantwortbar, dass Belgien weiterhin Atommüll produzieren wird und die Laufzeit der Atomkraftwerke Tihange und Doel verlängern will.

Atomkraft muss der Vergangenheit angehören, die Zukunft gehört den Erneuerbaren.

Der Landkreis Vulkaneifel stellt fest,

  • die endgültige Bestimmung hochaktiver und/oder langlebiger Atom-Abfälle zum Zeitpunkt des Baus der Anlagen nicht vorgesehen war und dass bisher keine politische Entscheidung in dieser Hinsicht getroffen wurden;
  • die Nationale Einrichtung für Radioaktive Abfälle und Spaltmaterialien (NERAS) der Föderalregierung vorschlägt, die „geologische Endlagerung“ (oder Vergrabung) als endgültige Lagermethode hochaktiver Abfälle festzulegen;
  • in der ersten Vorversion der Studie mögliche Gebiete am Rande oder auf dem Gebiet der Deutschsprachigen Gemeinschaft liegen sollen;
  • die Gebiete unter dem Massiv von Stavelot an bzw. unter dem Hohen Venn, einem der letzten aktiven Hochmoore Europas, liegen sollen;
  • die NERAS vom 15. April bis einschließlich 13. Juni 2020, d.h. mitten in der Lock-down-Phase, in der sich die Aufmerksamkeit der öffentlichen Meinung zu Recht auf das Management der Covid-19-Pandemie und ihre gesundheitlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen konzentriert, eine öffentliche Konsultation zu diesem Projekt (mit dem Titel „Endbestimmung für hochaktive und/oder langlebige Abfälle in Belgien“) durchführt, auf die die Bürger nur online antworten konnten;
  • dieses NERAS-Projekt auf dem 2010 vorgelegten Abfallplan basiert, der von der FANK (Föderale Agentur für Nukleare Kontrolle) zweimal, 2016 und 2017, infrage gestellt wurde;
  • die Hauptaspekte dieses Projekts unbekannt bleiben, da zu diesem Zeitpunkt keine Informationen über die konkreten Modalitäten der Lagerung dieser Abfälle (Ort, Zeit und Methoden) angegeben werden;
  • es unmöglich ist, zu gewährleisten, dass die von der NERAS vorgeschlagene Lösung der „geologischen Endlagerung“ völlig sicher ist, insbesondere weil die seismischen Gefahren auf Zeitskalen von bis zu einer Million Jahren nicht vorhersehbar sind;
  • die Gerichte am 23. Januar 2018 in Schweden das „geologische Endlagerprojekt“ abgelehnt haben, da es zu viele Unsicherheiten über die langfristige Leistung der Abfallbehälter enthält, die in dem geologischen Endlager, wie es heute vorgesehen ist, gelagert werden sollen;
  • es keine Studien über die Auswirkungen auf das Ausland gibt, weder über die geologische Endlagerung als „Konzept“ noch über eine voll funktionsfähige Endlagerstätte für hochaktive Abfälle anderswo in der Welt;
  • die Vergrabung radioaktiver Abfälle Belgien für einen Zeitraum von mindestens 300.000 Jahren verpflichten würde und mindestens 10,7 Milliarden Euro kosten würde;
  • die „geologische Endlagerung“ radioaktiver Abfälle langfristig irreversibel wäre;
  • die NERAS noch keine eingehende Studie über die Alternativen zur „geologischen Endlagerung“ durchgeführt hat, wie von der FANK und der belgischen Bevölkerung gefordert;
  • es nicht notwendig ist, jetzt über eine endgültige Richtung für die Endlagerung hochradioaktiver Abfälle zu entscheiden (z.B. hat die Regierung der Niederlande am 29. Januar 2018 beschlossen, eine endgültige Entscheidung auf das Jahr 2100 zu verschieben);
  • es keine „richtige Lösung“ für radioaktive Abfälle gibt und dass es daher notwendig ist, die „am wenigsten schlechte Lösung“ demokratisch zu suchen und öffentlich zu rechtfertigen;

Der Landkreis Vulkaneifel bittet die Föderalregierung,

  1. ihre Aufsichtsbefugnis über die NERAS aktiv auszuüben, um die öffentliche Konsulta-tion zu verschieben, bis alle sozialen Distanzierungsmaßnahmen in Zusammenhang mit dem Management der Covid-19-Pandemie aufgehoben sind;
  2. den Zeitraum der öffentlichen Konsultation über die Entsorgung nuklearer Abfälle von 60 Tagen auf 150 Tage zu verlängern;
  3. alle Bedingungen für eine qualitativ hochwertige demokratische Debatte zugewährleisten, indem die NERAS aufgefordert wird, Expertengremien und öffentliche Sitzun-gen zu allen Optionen der Entsorgung nuklearer Abfälle zu organisieren;
  4. die Möglichkeit der Endlagerung in der Nähe von Naturreservaten wie dem Hohen Venn auszuschließen;
  5. den Austritt aus der Kernenergie für 2025 beizubehalten;

Der Landkreis Vulkaneieifel bittet die Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft,

  1. auf Ebene der Föderalregierung zu intervenieren, um die umwelt- und naturtechnische Besonderheit des Hohen Venns und der Region aufzuzeigen;
  2. sich deutlich gegen eine Endlagerung von Atommüll in dieser Region auszusprechen;
  3. diese Forderungen unter besonderer Berücksichtigung der Interessen der Bevölkerung der Deutschsprachigen Gemeinschaft und der Bevölkerung der angrenzenden Regionen in Deutschland, Luxemburg und Niederlande zu vertreten.(Anti-Atom-Bündnis Aachen (AAA), Fin du Nucleaire (FDN), Réveil Anti Nucléaire (R.A.N.), Stop-Tihange Deutschland und Stop-Tihange Niederlande)

Der Landkreis Vulkaneifel fordert von der Landesregierung Rheinland-Pfalz und der Bundesregierung,

  1. dass sie sich für den Schutz von Mensch und Umwelt gegenüber der belgischen Föderalregierung einsetzt.
  2. dass ein öffentliches Beteiligungsverfahren für alle Bürgerinnen und Bürger, Gebietskörperschaften und Institutionen, sowohl in Belgien als auch in den betroffenen Grenzregionen in Luxemburg, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz gegenüber der belgischen Regierung durchsetzt. Alle müssen die Möglichkeit haben, sich an der Standortauswahl für das geplante belgische Atommülllager beteiligen zu können.
  3. sich dafür einzusetzen, dass der erklärte Austritt Belgiens aus der Kernenergie für 2025 beigehalten wird.